Was war?

Ein Winter unterm Tisch von Roland Topor

Winter in Paris. Gestern, heute und morgen. Auf der Erde toben die Kämpfe um schlecht bezahlte Jobs und überteuerte Wohnungen, um Aufenthaltsgenehmigungen und Verfolgtenstatus. Die Menschen zeigen sich von ihrer unangenehmsten Seite. Die Menschen? Alle? Nein!

Zwar ist das Einkommen der hübschen Übersetzerin Florence auch sehr bescheiden zu nennen, doch besitzt sie immerhin ein Dach überm Kopf und einen Tisch, an dem sie arbeiten kann. Und das ist schließlich eindeutig mehr, als der obdachlose Immigrant Dragomir besitzt. Und kurzerhand nimmt die gute Seele Florence ihn bei sich auf und untervermietet ihm den von ihr nicht benötigten Platz unter ihrem Tisch. Denn der Mensch zählt, und nicht die Herkunft. Und abgesehen von einem kleinen, aber wichtigen Mietzuschuss erhält sie dadurch Freundschaft und Zufriedenheit. Dragomir richtet sich also unterm Tisch, zwischen den wunderschönen Beinen von Florence, sein genügsames Leben als Schuhmacher ein, und Florence brütet oben, Dragomir immer wieder mal um Rat fragend, weiter über ihren Übersetzungen. Und für beide beginnt eine wunderbare Zeit miteinander, während sich draußen die Menschen ...

Ja, die Menschen! - Da gibt es Florence' beste Freundin Raymonde - schön, reich und erotisch, aber auch hart und versnobt ("Ein Gentleman unterm Tisch, Du hast sie wohl nicht mehr alle. Eines Tages liegt er in Deinem Bett. Oder drunter, was schlimmer wäre.") - und Florence' reichen Verleger Marc - steif, elegant und heiratswillig, aber auch eifersüchtig und menschenfeindlich ("Der Mensch ist ein wildes Tier, immer auf der Jagd, dauernd in der Brunft."). - Aber es gibt auch, zum Glück, Dragomirs Cousin Gritzka ...

Regie Jürgen M. Brandtner
Technik André Tittel
 
Florence Barbara Galinski
Raymonde   Nane Okekunle
Dragomir Stefan Weishaupt
Gritzka Dietmar Ilg
Marc Peter Rautenberg

Plakat

Das schrieb die Presse

"Einsamkeit und Obdachlosigkeit -- mit fünf dicken Schmökern unter den Beinen eines großen Tisches lassen sich diese Probleme beim Schauspiel „Ein Winter unterm Tisch” im kommunalen kontakt teater zur Freude des Publikums lösen. ... Mit gekonnt inszenierten Bühnenmitteln hat es Regisseur Jürgen M. Brandtner verstanden, das Stück mit der Gruppe Lunte ausdrucksstark zu inszenieren."
(Cannstatter Zeitung, 14. Mai 2003) kompletter Artikel

"Einfach ein Tisch, der Frauenbeine hat (aus Holz) und der sehr hoch ist, denn er steht auf vier Kisten. Rechts und links zwei Pappwände, die Lochfassaden mimen. Das reicht. Traumhaft ist die Musik, polnische Songs und französische Chansons, die zwischen den kurzen Szenen aus dem Off wehen. Überhaupt: die Inszenierung von Jürgen M. Brandtner ist sehr rhythmisch geraten. Ein vergnüglicher, feiner kleiner Theaterabend, der gute Laune macht. Und das ist nicht hoch genug einzuschätzen. Grübeltheater gibt's ja genug."
(Stuttgarter Zeitung, 17. Mai 2003) kompletter Artikel

"»Ein Winter unterm Tisch«, nun im kommunalen kontaktteater inszeniert und mit einem Bühnenbild versehen von Jürgen M. Brandtner, ist das letzte Theaterstück des 1997 gestorbenen Allroundkünstlers Roland Topor. Der hat die hübsche Idee vom untertischigen Mitbewohner kräftig in die Märchentunke getaucht und folglich nicht gespart an dick Aufgetragenem, das nur stellenweise ironisch durchbrochen ist."
(Kultur, Juni 2003) kompletter Artikel