Trotz aller Therapie von Christopher Durang

Eßlinger Zeitung/Cannstatter Zeitung vom 03.02.2010

Sehnsucht, Sex und Satyrspiel

Bad Cannstatt : Theater Lunte ergötzt mit der Premiere von Christopher Durangs „Trotz aller Therapie“


Die Premiere „Trotz aller Therapie“ im KKT überzeugt mit Witz. Im Bild Bob (Ingo Schweizer) und Therapeutin Charlotte (Kirsten Brückmann). Foto: privat

(rw) -Wer im Kommunalen Kontakttheater Christopher Durangs Komödie „Trotz aller Therapie“ besucht, bekommt mit der Eintrittskarte ein Glossar in die Hand gedrückt mit 26 Einträgen von kulturell bedeutenden Personen, Filmen und Orten. Diese kommen alle vor in dem Stück des Theaters Lunte, das in der klugen und einfühlsamen Inszenierung von Naemi Zoe Keuler am Freitag Premiere hatte. Aber eigentlich kann man auch ohne diese Bildungssplitter Spaß am Spiel haben - und Spaß hatten die begeisterten Premierengäste auf jeden Fall.
Der Unterhaltungswert dieser Boulevardkomödie basiert nämlich auf dem Schwung der amüsanten Wortgefechte, die die Akteure hingebungsvoll witzig austragen - und dabei Spritzigkeit durchaus auch konkret als Mineralwasserschlacht vorführen. Derartige Freude an kindlichen Späßen ist sicher naheliegend bei einer Handlung, in deren Mittelpunkt zwei amerikanische Psychotherapeuten torkeln, denen ihre Ausbildung zwar Material für das obige Glossar geliefert haben mag, die ihnen aber nicht wirklich half, ihren Beruf ernsthaft auszuüben. Es geht im Stück um die Kontaktsuche von Bruce, der per Anzeige auf die ebenso bindungsschwache Prudence trifft. Diese Partnersuche hat der jeweilige Therapeut den beiden geraten und damit beginnt ein abwechslungsreicher Balzreigen, in den - Schritt für Schritt - alle sechs Akteure der Komödie einbezogen werden. Mäusemäßig schüchtern tauscht Barbara Galinski als Prudence die gestanzten Annäherungsfloskeln mit David Voormann als Bruce aus. Der flätzt sich, stier strahlend, neben ihr auf seinem Stuhl, bis ihm nach Weinen wird. Leider glaubt Prudence, dass Männer nicht „weinen sollten, außer es fällt was auf sie drauf“. Und dann bringt der bisexuelle Bruce auch noch Bob (präzise und ausdrucksstark interpretiert von Ingo Schweizer) ins Spiel, mit dem er seit einem Jahr zusammen ist.
Diese Information lässt wiederum Dr. Framingham, den Therapeuten von Prudence, bei der nächsten Sitzung schäumen, denn der ist interessierter an Sex im Bett als an Freud auf der Couch. So wandelt sich Peter Rautenberg rasch vom abgeklärten Psycho-Guru zum vorschnell kommenden Satyr. Seine Kollegin Dr. Wallace ist gleich von vorn herein durchgeknallt: Kirsten Brückmann brilliert als Handpuppenspielerin mit Häschenstimme ebenso wie in ihren psychodelischen Tanzposen. Den eigentlichen (Toten?)-Tanz aber formiert Chris von Einem zwischen den Szenen. Als geschmeidiger Kellner Andrew umschleicht er die starren Mitspieler, arrangiert sie zu Paaren und erweckt sie mit Musik zu lebendiger Bewegung - bis er mit einem Fingerschnippen das Licht ausknipst.